Die eigene Ausstellung in Augmented Reality

In einem Punkt sind sich die fotografischen Publikationen mit diversen Podcasts einig: Ohne gedruckte Bilder ist es nur der halbe Spaß. Gern groß mit Rahmen und Passepartout an der Wand oder besser gleich als Buch oder noch besser eine eigene Ausstellung. Die angeführten Gründe sind vielfältig und gut nachvollziehbar. Das haptische Erlebnis ist zum Beispiel für viele schon ein Genuss. Auch deshalb hat die Qualität des Druckpapiers eine besondere Bedeutung.

Die Betrachtung eines realen Bildes fordert mehr Aufmerksamkeit. Wenn bei Instagram die durchschnittliche Betrachtungszeit 0,3 Sekunden beträgt *, dann wage ich zu behaupten, dass ein Bild in einem gedruckten Buch mindestens 10-mal länger betrachtet wird. Daumenkinos gelten hier nicht. Auf einer Ausstellung kommt dem gleichen Bild schon deshalb noch mehr Aufmerksamkeit zu, weil sich der Fußweg von Bild zu Bild sonst nicht lohnen würde. Es wird zum Bild hingegangen, sich davor gestellt, das Bild betrachtet und idealerweise damit in den Dialog gegangen. Ich denke, da sind 15 Sekunden pro Bild nicht zu hoch geschätzt. Also befasst sich der/die Betrachtende 50 mal länger mit dem Bild, als es bei Instagram im Durchschnitt der Fall wäre. In dieser Zeit kann jedes Bild mehr Wirkung entfalten. Mehr Assoziationen auslösen, Erinnerungen aktivieren oder den Betrachter emotional berühren.

Einen Ausdruck bekommt man auf Knopfdruck bzw. per Klick bei den üblichen online Dienstleistern. Auch der Weg zum eigenen Buch ist dort nicht mehr sehr weit. Eine Ausstellung der eigenen Bilder ist jedoch deutlich schwerer zu erreichen. Die Ausdrucke der Bilder und die Rahmen dazu sind eine finanzielle Herausforderung. Die nächste Hürde ist das Finden eines geeigneten Raumes. Verfügt man nicht selber über entsprechend galeriefähige Flächen, dann ist man auf Gastfreundschaft anderer angewiesen. Um diese nicht zu belasten, wird sich wohl jeder die Frage stellen, ob die eigenen Werke das denn wert seien.

An dieser Stelle möchte ich auf eine Alternative zu der realen Ausstellung hinweisen. Aktuelle Tools ermöglichen uns die Erstellung virtueller Ausstellungen. Damit ist jetzt keine Website gemeint, auch wenn es oft, nachdem diese groß angekündigt wurden, darauf hinaus läuft. Ich meine eine dreidimensionale virtuelle Welt, durch die mit den eigenen Füßen gegangen wird. Die Bilder haben darin die gleiche Größe wie in einer realen Ausstellung, sie hängen an Wänden, die dafür gestaltet wurden es kann Möbel und andere Einrichtungsgegenstände geben. Der Detailierungsgrad ist jedem selbst überlassen. In meiner haben die Bilder Rahmen mit millimeterdicken weißen Passepartout und eine Glasscheibe davor.

Ohne Architekturstudium kann der Entwurf einer ansprechenden Räumlichkeit eine Herausforderung sein. Ich habe mir dazu einfache Raumelemente wie z. B. gerade Wände, eine Ecke oder einen Bogen in www.tinkercad.com entworfen. 

Als Nächstes wird mit dem Adobe-Programm Dimensions der Wand-Geometrie, die aus  Tinkercad kommt, eine Textur gegeben. Die einzelnen 3D-Objekte werden zueinander angeordnet und in die gewünschte Große skaliert. Auch die Bilder-Dateien werden hier in die Rahmen integriert. Auch die Rahmen können in Tinkercad entworfen werden. Es gibt im Netz auch eine beachtliche Menge 3D-Dateien in freien Bibiliotheken zum Download.

Nachdem die Ausstellung im Raum angeordnet und die Bilder aufgehängt wurden, muss man sich entscheiden, auf welchem digitalen Endgerät die Ausstellung genossen werden soll. Die absolute Königsklasse ist sicher die VR-Brille, wie z.B. Oculus Quest, HTC Viev, etc. Die virtuelle Realität in 6 Freiheitsgraden ist ein großes Erlebnis. Das absolute Eintauchen in eine Szene ist im Hinblick auf die emotionale Dichte und den widergespiegelten Realismus mit nichts außer der Realität zu vergleichen.

Die 3D-Ausstellung die in Dimension entstanden ist, kann z. B. mit dem kostenfreien Programm Unreal Engine auf ein VR-Headset gebracht werden. So intensiv und außergewöhnlich das VR Erlebnis auch sein mag, es kommt doch mit ein paar Nachteilen daher. Ein kostspieliges Headset muss dem Ausstellungsbesucher zur Verfügung stehen. Aus eigener Praxis weiß ich, dass teilweise auch eine gehörige Überzeugungsarbeit notwendig ist, um jemanden eine VR-Brille auf die Nase zu setzen. Mit Corona kommt eine nicht unerhebliche Desinfektionsphase zwischen zwei Besuchern dazu. Als weiteren Nachteil sehe ich, dass die VR-Erlebnisse nicht geteilt werden können. Schließlich hat man in VR kein Smartphone in der Hand, mit dem ein Foto gemacht und versendet werden könnte.

Augmented Reality (AR) oder auch Mixed Reality kann jedes aktuelle Smartphone wiedergeben. Die Realität und die Virtualität verschmelzen miteinander. Damit kann die virtuelle Galerie auf den realen Strand, Fußballplatz oder in den Garten gestellt werden. Dem Besuch steht dann nichts mehr im Wege. Es können Videos von einem Rundgang erstellt werden oder Fotos davon per WhatsApp geteilt werden. Sogar die gesamte Ausstellung kann als Link einfach weitergegeben werden. Bzw. mit ein QR-Code an einer Wand für jeden abrufbar gemacht werden. Wer eine AR-Austellung aus der, in Dimension erzeugten Welt machen möchte, nutzt dafür am besten das Programm Aero von Adobe.

Grau ist alle Theorie, hier eine Kostprobe.:

https://adobeaero.app.link/cLNAalFP5ob

Die Ausstellung auf dem Tisch ist ein Modell. Diese kann mit dem Finger im Smartphone angetippt werden und das Modell verschwindet. Es erscheint die Ausstellung in 100%tiger Größe. Viel Spaß!