Das Geheimnis des Glücks

Ein Gastbeitrag von Axel Schneegass aus Leipzig. Es heißt, das Geheimnis des Glücks liegt nicht im Besitz, sondern im Geben. Wer andere glücklich macht, wird glücklich. So herum betrachtet ergibt Svens Angebot Sinn und erschließt sich in Folge mein Gastauftritt hier. Aber Eines nach dem Anderen…

Vor nunmehr über zwei Jahren hing ich meine digitale Spiegelreflexkamera an den Haken und löschte nahezu sämtliche Bilder aus meinen einschlägigen Bilderplattformen. Vorausgegangen war ein Kampf mit einem immer stärker werdenden Motivationstief, ausgelöst durch eine Spirale von Technikinnovationen und -diskussionen, dem digitalen Workflow und der Art und Weise, wie sich Möglichkeiten und Erwartungen zu Ergebnissen entwickeln, die mir zunehmend fremd schienen. Ich kaufte mir eine analoge Mittelformatkamera und habe den Schritt nie bereut. Auf dem jährlichen Meetup von Andreas Jorns lernte ich vor ziemlich genau einem Jahr Sven kennen und berichtete ihm von diesen Erfahrungen und dem Leid, eine Canon EOS 1N als Urlaubskamera mit sich herumzuschleppen jedoch der Freude, nun endlich auch privat auf den Film gekommen zu sein. Ich äußerte das Vorhaben, mir für unterwegs eine kleine, analoge M-Leica zuzulegen. Am letzten Morgen sagte er zu mir, Axel, überleg Dir das noch einmal mit der Leica… ich würde mich ja für eine andere Kamera entscheiden. Die Minolta CLE sei die mit Leica Patenten weiterentwickelte Leica CL und auch den M-Leicas bis zur Einführung der M6 TTL in Teilen ebenbürtig oder überlegen und wenn ich Lust hätte, gäbe er seine in dem Wissen, dass sie mit Liebe benutzt würde als Leihgabe aus der Hand. Auf mein vermutlich recht verdutztes Gesicht sagte er nur: komm mit, ich habe sie oben auf dem Zimmer dabei. Das war der Beginn einer ernsten Beziehung.

Unser Gastautor Axel Schneegass aus Leipzig bereichert unseren Blog um den Kosmos der analogen Fotografie. Von Klein-, Mittel-, bis zum Großformat, Axel ist in diese Welt inzwischen voll eingetaucht. Das umfasst den gesamten Prozess bis hin zur analogen Ausbelichtung. Dabei ist Axel auch erst zwei Jahre dabei. Also kein alter Hase, sondern ein junger Entdecker. Auch deshalb passt er gut in das Visualbrainfood-Team.

Wie bringen wir ihm bei, dass er in Zukunft des öfteren so tolle Beiträge liefern muss?

Instagram:
@axelschneegass
@charlyvau

Ich möchte voranstellen, dass ich ganz sicher kein Technikfreak bin. Ich finde es zwar nett, dass die Kamera TTL kann, es interessiert mich aber nicht, genauso wenig, dass sie keinen Belichtungsmessspeicher besitzt. Den Umweg über die automatische Messung und manuelle Einstellung im Bedarfsfall kann ich verschmerzen. Ich schreibe das nur, weil im Folgenden keine technische Sezierung und/oder Vergleich zu den M-Leicas folgt, sondern eine Bewertung aus praktischer und emotionaler Sicht. Das Fazit möchte ich zudem vorwegnehmen: ich bin schwer verliebt in diese kleine Japanerin!

Minolta CLE mit Leica M-Bajonett (1980-’84) Infos

Es ging los mit der Haptik und dem ersten Eindruck. Dieses kleine, elegante, schwarze Kunstwerk fühlte sich vom ersten Augenblick vertraut an. Ein kleines Stellrad mit Belichtungszeiten bis 1/1000, Belichtungsautomatik mit Korrekturstufen +/- 2eV, Auslöser und ausstellbarer Filmtransporthebel. Schlicht und funktional da, wo man es erwarten würde. Ein kleiner Schieber schaltet die Belichtungselektronik zu und den elektronischen Verschluss wahlweise in den Normalmodus oder den 10 sek.-Timer ein. Dazu ein manueller Fokus mit Schnittbildfeld im Messsucher. Die Anleitung brauchte ich ein einziges Mal: bevor ich den ersten Film eingelegt habe. Das montierte Summicron 2.0/40 war für meinen Zweck ideal und sorgte dafür, dass die Kamera zur Not auch mal in der Jackentasche für alle Fälle dabei sein konnte, sei es, um einfach mal von Zeit zu Zeit mit den Fingern über die Kanten zu fahren und die leichte, griffige Struktur des Bodys zu ertasten, oder sie schnell für ein Foto zur Hand zu haben.

Eigentlich war sie fortan tatsächlich immer dabei… auf dem Weg mit dem Hund ins Büro, auf das Bier zu Freunden am Abend, bei Spaziergängen, in der Stadt und sehr schnell kam Panik auf, wenn ich sie tatsächlich mal zuhause vergaß. Es ist in etwa so, als ob man den Ehering vergisst, es passiert nichts schlimmes und doch beschleicht einen ein schlechtes Gewissen. Die CLE hat es geschafft, sich in meinen Alltag einzuschleichen und meine Art und Weise, in diesem zu fotografieren, völlig verändert. Sie ist, wie auch das Handy immer zur Hand, immer geladen und bereit für das nächste Bild. Einfach und schnell in der Handhabung, so dass (nach ein wenig Übung mit dem manuellen Fokus) auch Schnappschüsse möglich sind, aber durch die schlichte Bedienung und der selbst auferlegten Maxime, mit einem analogen, gescannten Bild nicht den selben Unfug zu treiben, wie mit dem digitalen RAW-Pendant, schärft es einem den Sinn für Licht, Perspektive, Ausschnitt und Sinn des Bildes. Es ist die perfekte Kombination aus Verfügbarkeit in den wichtigen Momenten und Bewusstsein für das fertige Ergebnis…

Ich mag das im Vergleich zum Mittelformat körnigere Ergebnis. Ich liebe die Reduktion, die einem eine emotionale Verbindung mit jedem Bild ermöglicht. Dies aber auch, da jedes einzelne Bild eine bewusste Entscheidung mit einem konkreten Gedanken verbindet.

Was soll ich sagen. Nach nunmehr einem Jahr ist aus der Affäre eine erwachsene Beziehung geworden und es stellt sich mir die Frage, wie bringe ich Sven bei, dass er ohne sie wird auskommen müssen.